Samstag, 2. Oktober 2021 Cuenca
Cuenca mit seinen 55.000 Einwohnern ist die Hauptstadt der Provinz Castilla - La Mancha an dem Flüssen Jucar und Huecar. Ich bin hier wegen der berühmten „hängenden Häuser“ und der schönen Altstadt..
Hauptsache, ich bin erst mal angekommen. Der Streik hat mir einen ganz schönen Stress gemacht, aber jetzt habe ich nur noch eine Zugfahrt, und da fährt auch ein Bus. Und ich habe etwas Zeit.Der Zug nach Cuenca war proppenvoll und hatte Verspätung. Als ich aus dem modernen Bahnhof kam, stand ein einsamer Bus da und wollte gerade losfahren. War das die Linie 1, die ich brauchte? Egal! Ich bin losgerannt und habe mit den Armen gerudert. Und er hat tatsächlich angehalten. Nach meiner Info fuhr der nur alle 30 Minuten, also: Glück gehabt.
In Cuenca wollte ich ursprünglich in einem Hostel wohnen. Ich hatte es nicht reserviert, sondern mir nur notiert. Als ich nun buchen wollte, stellte sich heraus, dass es die Nacht plötzlich 79€ kosten sollte.
Fuck!
Das war zu viel. Was billigeres ließ sich aber nicht auftreiben, die anderen Hostels waren belegt oder teurer. Also checkte ich Airbnb, und da war was frei. 50€ pro Nacht, aber ok. Ich buchte es und fragte nach der Adresse.
Ich bekam einen aufgeregten Anruf. Ein Spanier erzählte mir irgendwas und ich erzählte ihm, dass ich ihn nicht verstehe. Dann verstand ich aber: my wife will call you!
Wenig später rief mich eine Frau an und die sprach Englisch. Wann ich denn (gestern Abend) kommen wolle? No, sagte ich, I plan to arrive on friday. Augenblicklich gab es Entwarnung. Der Mann hatte mich irgendwie falsch verstanden. Ich fragte noch mal nach der Adresse und dem Namen und sie versprach, mir beides zu schicken.
Ich bekam aber nur die Adresse. Ohne Namen.
Spannend.
Ich kam bei der Adresse an und fand ein Klingelschild mit 20 Namen. Also rief ich die Telefonnummer von gestern an und hatte wieder den Mann am Telefon. Ich machte ihm in brüchigem Spanisch klar, dass ich vor seinem Haus stehen würde. Er versprach daraufhin, seine Frau einzuschalten.
Es war kompliziert.
Was ich nicht wusste: er war in Madrid und seine Frau war in Cuenca.
Aber es löste sich auf. Sie öffnete das Fenster im 4. Stock und hieß mich hinaufkommen.
Was mir nicht klar war: ich bekam kein Appartement, sondern ein Zimmer in ihrer Wohnung!
Aber egal! Ich hatte das schon mal erlebt und nun war ich gespannt.
Mikaela, so hieß meine sehr sehr sehr hübsche Vermieterin, zeigte mir die Wohnung. Mein Zimmer, mein Bad (es gab 2) und die Küche.
Mikaela ist Rumänin und hat lange als Au Pair in England gearbeitet: daher die Englischkenntnisse. Sie ist eine entzückende Frau und ihre Tochter Justina (fast 5) steht ihr in nichts nach. Wir reden kurz und ich fange noch mal mit dem Namen an. Wenn ich rausgehe, wo muss ich schellen, wenn ich zurück will?
Eine Antwort bekomme ich erst, als ich meine Frage mit „Ring Ring“ verstärke. Jetzt versteht sie.
Ja, da stehen Namen auf den Klingelschildern, aber nicht der ihre. Welcher denn?
Weiß ich nicht!
Und wie soll ich ins Haus kommen? Dann bräuchte ich ja einen Schlüssel?
Ja klar! Einen Schlüssel! Hier ist er!
So einfach kann das sein!
Ich bin dann in Richtung Plaza Major gegangen, um den Ort ein wenig zu erkunden.
So viel dazu: Die Altstadt ist eng und es geht ausschließlich bergauf!
In dieser Altstadt KANN es keine übergewichtigen Menschen geben. Oft sind es keine Steigungen, sondern Treppen. Anders sind diese Gefälle nicht zu meistern.
Brutal.
Und auch unübersichtlich. Verlaufen ist hier nicht schwer, weil es bei den Gassen keine mir bekannte Logik gibt.
Mir gefällt es hier. Morgen werde ich es ausgiebig auskundschaften.
Dann bin ich erst mal zurückgegangen. Mikaela holte leckeren Schinken aus dem Kühlschrank und eine Dose Bier. Das ist ja hier besser, als bei Muttern!
Justiana tut mir ein wenig leid. Ich unterhalte mich sehr angeregt mit Mikaela, aber wegen der Sprache ist die Kleine ausgeschlossen. Eigentlich will ich in eine Kneipe, um meinen Reisebericht zu schreiben. Hier kann ich das nicht, weil es kein Wlan gibt. Für mich kein Problem. Irgendwo wird ja eine Kneipe oder ein Restaurant sein, wo es Wlan gibt.
Nein.
Mikaela hat eine andere Lösung. Im 2. Stock wohnt ihre Mutter. Und die ist momentan nicht da.
Aber sie wohnt da mit Mikaelas Bruder und einem Freund von ihm zusammen, und in der Wohnung gibt es Wlan. Also gehen wir runter ind ich logge mich dort ein.
In dem Moment kommt Christian, Mikaelas Mann. Er sprixht kein Englisch, schlägt aber vor, dass ich in ihrer Wohnung auf dem Balkon arbeite, das Wlan würde bis dahin reichen.
Mir war das recht.
Aber es war nicht stark genug.
Also brachte mich Christian wieder in die Wohnung der Mutter und ließ mich da alleine. Als wir gingen, rief Mikaela: ich mache in der Zeit das Essen fertig!
Also schrieb ich meinen Reisebericht und als ich fertig war, ging ich wieder hoch.
Kurz darauf klopfte es an meiner Türe: Essen ist fertig!
Ich setzte mich an den Tisch und Mikaela hatte einen Teller fertig gemacht, den ich am liebsten fotografiert hätte. Alles war sehr liebevoll und wirklich künstlerisch angeordnet. Es gab Kartoffelpüree,mit Hühnerschenkeln und Kassler, dazu Feldsalat, Paprika, eine Art Tomatensauce und Pilze. Klingt fremd, schmeckt aber sehr gut. Wasser und Bier gab es auch. Damit hatte ich nicht gerechnet! Eine sehr sehr liebe Familie!
Als ich dann in mein Zimmer ging, klopfte es kurz darauf noch einmal, und Mikaela und Justina brachten Wasser für die Nacht.
Fazit: ich habe kein Zimmer gemietet, ich habe Familienanschluss bekommen.
Ich habe gut geschlafen und bin auch erst um 7:40 Uhr aufgewacht.
Es ist immer etwas seltsam, in einer fremden Wohnung aufzuwachen, in der auch noch eine Familie wohnt. Deshalb habe ich versucht sehr leise zu sein. Christian und Mikaela hatten mir gestern berichtet, dass sie die Wohnung selber renovieren, und das war Ihnen auch sehr perfekt gelungen. Das Badezimmer ist mit moderner Technik ausgestattet, so auch mit einer Körperdusche mit Düsen von allen Seiten. Ich wollte heute duschen und war natürlich gespannt, wie sich das anfühlt, aber es stellte sich heraus, dass ich noch nicht mal in der Lage war, das Wasser anzustellen. Ich habe überall dran gedreht, an allen Knöpfen gezogen und gedrückt, aber ich bin trocken geblieben . Na gut, dann musste halt das Waschbecken dran glauben. Und das hat auch geklappt. Dann bin ich leise aus der Wohnung raus und habe mir das morgendliche Cuenca angesehen.
Nicht weit von meinem Apartment war eine kleine Bar, wo ich frühstücken wollte. Leider stieß ich hier auf sprach Probleme; die junge Bedienung verstand „Kaffee“, aber nicht „Brötchen mit Marmelade“. Also musste der Kaffee reichen. Das war aber nicht schlimm, weil nur 200 m weiter eine kleine Bäckerei war, wo ich mir ein paar Kekse holte. Mit ihnen zusammen bin ich dann wieder zum Plaza Major gelaufen durch die sehr stille wunderschöne Altstadt. Dadurch dass die Straßen hier zu klein sind gibt es auch keinen Verkehr von Kraftfahrzeugen und das macht die Sache sehr viel stressfreier. Alles schläft hier noch, die meisten Kirchen und Museen machen erst um 10:00 Uhr auf. So sitze ich gerade jetzt auf den Treppen der Kathedrale in der Sonne und freue mich, dass ich hier bin.
Und was wäre ein Tag ohne eine Kathedrale? Also habe ich mir ein Ticket gekauft und bin reingegangen. Zuerst wollte ich nicht, weil sie relativ klein aussah und stramme fünf Euro Eintritt kostete. Aber dann dachte ich: komm: du bist nur einmal hier. Aber ich wurde belohnt! Die Kathedrale war viel größer als ich dachte, das kam daher, dass im hinteren Bereich sehr viele große Räume waren, teilweise weitere kleine Kirchen. Die Kapellen waren auch wieder reich geschmückt und sehr prächtig ausgestattet. Es gab einen großen Kreuzgang mit einem Springbrunnen und einen Außenbereich, von dem man aus eine überwältigende Aussicht auf das Tal hatte. Das Haus ist aus dem 14. Jahrhundert und natürlich, wie jede andere ordentliche Kirche, zwischendurch ein paarmal ein gestürzt oder ausgebrannt. Aber sie will jedes Mal wieder liebevoll restauriert und wieder aufgebaut.
Eigentlich wollte ich danach die Kirche von Sankt Petrus besuchen und da natürlich auch einen Turm hoch steigen, aber wir hatten andere Prioritäten: da fand eine Hochzeit statt! Okay, muss ich halt später wiederkommen. Aber wenn man von da aus nach Süden geht, kommt man an einen Aussichtspunkt der einen unglaublichen Blick über das Tal gibt wunderschön!
Am Ende der Plaza war ein großes, steinernes Potal. Dort konnte man rauf klettern wurde wieder mal mit einer guten Aussicht belohnt. Allerdings auch sehen konnte, waren die Heerscharen von Touristen die jetzt langsam eintrudeln. Es ist Wochenende, sie sind wieder freigelassen. Schade, bis jetzt war es hier schön ruhig.Ich habe mich dann auf ein Abenteuer eingelassen und bin hinter dem Potal einen steilen Weg, der über Treppen in Serpentinen ins Tal führte in unter in München dann in einem Spazierweg am Talrand entlang. Die Aussicht war toll und es war sehr leer und gut zu laufen. Mir war aber von Anfang an klar, dass die 100-150 m, die ich vorher über diese Serpentinentreppe Berg abgegangen bin, dass ich die wieder einholen musste. Und so war es auch! Steile Treppen und Serpentinenwege führen mich wieder zurück nach oben in die Nähe des Plaza Major.
Danach habe ich mehrere Versuche unternommen diese berühmten hängenden Häuser zu finden. Leider erst mal ohne Erfolg. Das lag daran dass der einfache und geschilderte Weg gesperrt war. Und mit Umwegen beziehungsweise mit Umleitungen ist Google Maps nicht sehr vertraut. Die Karten App versucht immer wieder mich zurückzuführen auf dem Weg der gesperrt war. Irgendwann hat sie sich erst mal die Nase voll, bin zur Kathedrale gegangen, und hab mich da mit einem Bier auf die Treppe gesetzt.
Ich mach dir dann einen zweiten Versuch. Das Problem ist einfach: einerseits ist die Altstadt unglaublich verwinkelt und hat ganz viele kleine Gassen die natürlich alle keinen vernünftigen Namen haben. Dann gibt es eine Übersichtskarte von dem Fremdenverkehrsverein der einem zeigt wie man alternativ zu der gesperrten Strecke zu den Häusern kommen kann dies aber sehr ungenau und ich finde überhaupt keine über Einstimmung mit Google Maps.
Wenn man trotzdem versucht, über Google Maps den Weg zu finden, stößt man auf das Problem, dass die GPS Navigation nicht so genau ist. Man steht still und der Mauszeiger auf dem Bild wandert so circa 400 m nach links wo eigentlich ein Fluss ist. Wo bin ich jetzt? Im Wasser? oder immer noch an der richtigen Stelle?
Es war irgendwie zum Scheitern verurteilt. Aber dann habe ich mir die Karte noch mal genauer angesehen und bin auf die Idee gekommen, nicht die Zu-Fuß-Navigation zu nehmen, sondern die Auto-Navigation. Die war deutlich weiter, aber dafür ging es immer relativ viel geradeaus und es gab keinen Zweifel über Abzweigung. So brauchte ich zwar eine gute halbe Stunde, aber dann war ich an einem Aussichtspunkt, von dem man die Häuser einigermaßen sehen konnte. Okay, haben wir auch das abgehakt! (Ich war etwas angefressen) 😊
Insgesamt sieht die Altstadt aber unglaublich schön aus, wie sie da am Berg klebt. Und innen drin ist sie einfach atemberaubend. Man darf nur nicht nach irgendwas suchen!
An vielen Stellen in der Altstadt sind mir Maler aufgefallen, die irgendwo am Rand eine Staffelei aufgestellt haben und eine der vielen sehr schönen Ansichten gemalt haben. Überwiegend wurde in Öl gearbeitet und das war von der Qualität her gesehen ein Stückchen jenseits von naiver Kunst. Als ich dann auf dem Weg zurück war in meiner Herberge, kam ich an einer kleinen Freiluft-Ausstellung vorbei, wo viele der Künstler ihre Bilder gezeigt haben. Interessant!
Bei den Bildern steht es natürlich dem Künstler frei, ein wenig zu übertreiben. HIer habe ich Stadtansichten gesehen, die etwas bunter und etwas zusammengewürfelter waren als es in Realität ist.
Aber da fiel mir auf, was ich die ganze Zeit denken musste: diese Stadt, wenn man von unten schaut, erinnert total an die Favelas in Brasilien! Nur ordentlicher!
Auf dem Heimweg wollte ich dann was essen, aber auch das war nicht so einfach. Die Touristen sind in der Stadt und alle Restaurants sind komplett voll. Ich hatte mich dann in einem Restaurant einfach mal frech an einen freien Tisch gesetzt, wurde aber nach 2 Minuten von dem Kellner gefragt, ob ich reserviert habe.
Naja, und dann bin ich wieder gegangen.
Ich habe aber dann in einer Seitenstraße ein kleines Restaurant gefunden mit einem sehr netten Kellner. Trotz Sprachschwierigkeiten hat er versucht, mir zu erklären was ich bekomme, wenn ich auf seine Empfehlungen höre. War lecker!
Dazu ein Bier und ich hatte die richtige Bettschwere…
Später bin ich dann noch mal ohne Zweck und Ziel durch die (langweilige) moderne Innenstadt gelaufen und dann doch noch mal hoch in die Altstadt. Insgesamt habe ich dann heute 17 km zurückgelegt, aber dazu kommen noch mal 68 Stockwerke (lt. Schrittzähler). So fühlen sich meine Beine aber auch an….
Du hast das Glück, einen Hausbesitzer wie diesen zu treffen und dich wie ein Familienmitglied zu fühlen.Manchmal wird ein gedankenloser Versuch die unerwartete Landschaft sehen.Ich versuche es gerne weiter, wenn ich reise.Ich bewundere dich für deine Beharrlichkeit, unermüdlichen Versuch, endlich das hängende Haus gefunden zu haben. Du wirst diese Reise nicht verpassen.
AntwortenLöschen