Freitag, 1. Oktober 2021 Toledo - Cuenca

 Toledo hat 85000 Einwohner und liegt auf der Hochebene der Südmeseta am Ufer des Tajo. Die Stadt wurde schon vor Christi Geburt erwähnt und gehört, zusammen mit Segovia und Avila, zu den historischen Highlights im Großraum Madrid. Toledo ist vor allem bekannt als Waffenschmiede. Der Toledostahl ist sehr bekannt und berühmt. Der Maler El Greco, der ursprünglich in Rom lebte, zog später nach Toledo und blieb hier bis zu seinem Tod. Während ich bis jetzt die ganze Zeit in der Region Kastilien und Leon gereist bin, bin ich nun in der autonomen Region Kastilien - La Mancha. Damit komme ich dem berühmten Ritter Don Quijote de la Mancha sehr nahe. 


Als ich in Toledo ankam, zeigte das Thermometer 27°. Offensichtlich ist hier ein ganz anderes Wetter als in den anderen Städten, in denen ich bisher war. Vom Bahnhof aus bis zu meiner Herberge waren es 1,8 km. Was ich nicht wusste: es ging fast die ganze Zeit ziemlich steil bergauf. 


Und 27° plus fast 2 km Bergauflaufen macht Feuchtigkeit unter den Armen. 

Die Herberge erwies sich als kleine Unterkunft mit nett eingerichteten Zimmern und einen schönen Bad. Meine Unterkunft befindet sich direkt hinter der Stadtmauer, hinter einem sehr schönen Stadttor.






 Ich bin dann sofort los gelaufen und (wie sollte es anders sein) bergauf über Treppen und sehr enge, holprige Gassen einfach in irgendeine Richtung gelaufen. Der Zufall wollte es dann, dass ich an einem sehr schönen, beliebten Platz (Zocodover) auskam. Hier habe ich mich dann in den Schatten gesetzt, habe ein Bier getrunken, danach noch einen Kaffee, und dann noch ein Eis gegessen. Man lebt nur einmal! 








Ich bin angekommen in Toledo. 

Es scheint eine schöne Stadt zu sein. Ich bin an vielen Souvenirgeschäften vorbei gekommen, wo man irgendwelche Messer und Schwerter aus Toledostahl verkauft. 

Aber ich werde mir nichts kaufen, da ich fürchte, diese Dinge nicht als Handgepäck ins Flugzeug zu bekommen.


Später lernte ich dann meine Mitbewohner kennen. Es waren 3 Mädchen und ein Junge. Bei dem Jungen bin ich nicht sicher, aber die Mädchen waren alle blind. Das war etwas gespenstisch. Die einzelnen Zimmer habe alle die Türe zu einem Gemeinschaftsraum mit Tisch und Kochnische, und ich legte gerade ein paar Sachen von mir auf den Tisch, als sich ein Mädchen in mein Zimmer verirrte; ich wusste echt nichts wirklich schlaues, wie ich damit umgehen sollte. Also sagte ich nur: sorry, wrong room. 

Keine Ahnung, ob sie überhaupt englisch sprach, aber es funktionierte zumindest….

Abends war ich in der Stadt essen. Toll war es nicht, aber ich wurde satt. 


Gestern Abend und auch heute früh bin ich durch die engen, verwinkelte Gassen von Toledo gegangen. Es ist wirklich eine sehr pittoreske Umgebung, der Weg führt mal bergauf, mal bergab, er macht enge Kurven und dann geht’s wieder ganz steil bergauf, teilweise sogar mit Stufen. Selbst auf Google Maps sieht das spannend aus!Es ist eine recht gesunde Mischung aus Touristenshops und ganz normalen Wohnhäusern. Immer wieder gibt es sakrale Gebäude, seien es kleine Kapellen oder auch richtige Kirchen. 








An manchen Stellen hat man einen guten Ausblick in das Tal und sieht die Lichter der Stadt unter sich. Fantastisch! Morgens früh allerdings ist das ganze etwas getrübt durch die vielen Lieferfahrzeuge die trotzdem noch durch die Gassen fahren um irgendwelche Waren zu Geschäften zu bringen. 


Nach dem Aufstehen hatte ich heute früh eine Kleinigkeit in der Herberge gegessen und da auch wieder eine Begegnung mit meinen blinden Mitbewohnern gehabt. Auf der einen Seite lassen Sie alle Türen aufstehen (sie sehen es ja nicht) aber wenn wir uns dann begegnen, wird es schon schwierig. Als ich in das „Wohnzimmer“ ging, sagte ich laut und deutlich: Buenas Dias. Das registrierten auch alle, aber gleichzeitig blieben sie auch wie angewurzelt stehen. Ich hatte keine Ahnung, wie ich das auflösen sollte. 

Als ich dann in der Stadt war, habe ich trotzdem noch ein kleines Frühstück (eine Tasse Kaffee und ein Marmeladenbrötchen) in einer kleinen Kneipe eingenommen. Die Atmosphäre hier, zusammen mit den anderen Spanien, die hier frühstücken, ist immer sehr schön. Dann bin ich langsam Richtung Kathedrale gelaufen. Sie liegt mitten in der Altstadt und ja: auch sie ist unglaublich groß. 


Ich bin erst einmal drum herum gelaufen, da braucht man sicherlich etwas mehr als eine Viertelstunde dazu, und dann habe ich einen Großteil meines Bargeld es an dem Shop für Eintrittskarten abgegeben. Billig ist die Stadt nicht.


Einerseits bin ich natürlich etwas müde, noch eine Kathedrale zu besuchen. Ein wenig erinnert mich das an Asien, wo ich oft auch von Tempel zu Tempel gelaufen bin. Aber wenn ich nun mal hier bin, ist es ein absolutes Muss, diese Kathedrale zu sehen.








Ursprünglich stand hier einmal eine Moschee, wo heute diese Kathedrale steht. Es gibt eine Legende, nachdem der König damals den Mauren versprochen hatte, dass die Moschee erhalten bliebe, aber die Königin und der Klerus von Toledo haben sich darüber hinweggesetzt. Daraufhin wurde der König sehr zornig, aber ein Rechtsgelehrter Moslem hat ihn besänftigt und hat zugestimmt dass diese Moschee zur  jetzigen Kathedrale wurde. Ganz wahrscheinlich ist das aber nur eine Legende.


Das was ich ab jetzt hier sehe, ist eine wirklich großartige Kirche. Ich kriege am Rande mit, dass sie 60 m breit ist, damit ist das wohl auch eine der breitesten Kirchen, die es überhaupt gibt. Dementsprechend lang und auch hoch ist das Haus. Die Architekten damals standen vor großen Herausforderungen, um die Gewölbedecke tragfähig zu machen. Die Technik, die hier angewandt wurde, wurde später auch auf andere Kathedralen und Kirchen übertragen. Hier ist einfach alles groß. Die einzelnen Kapellen an den Seiten haben allein schon die Größe von kleineren Kirchen. Sie sind sehr prächtig ausgestattet entweder mit großen Bildern, Wandbehängen religiösen Gegenständen bis hin zu großen Sarkophagen. Die sind dann natürlich auch standesgemäß in Alabaster oder ähnlichen Materialien ausgeführt. 










Der zentrale Altarraum ist unglaublich groß und 25 m hoch. Hier wurden sehr viele Figuren modelliert, und alle haben natürlich eine Bedeutung. Einer davon ist der weise Rechtsgelehrte, der beim Bau der Kathedrale entschieden hatte, dass die Moschee umgewandelt werden darf. Obwohl das eine Legende ist, wollten die Menschen damals diese friedliche Einigung mit den Mauren irgendwie dokumentieren.






Einer der herausragenden Schätze in der Kathedrale ist wohl eindeutig die Monstranz. Sie wurde aus purem Gold hergestellt und ist mit unzähligen Edelsteinen verziert. Das Gold soll aus dem Gold stammen, das Kolumbus damals von seiner ersten Reise mit zurück brachte.




Sehr interessant ist auch die Brötchentüre, die vom Kreuzgang aus abgeht. Interessant deshalb, weil ich nebenbei an einem kleinen Projekt mitarbeite, bei dem jeden Tag circa 250 Tüten mit Frühstück für Obdachlose hergestellt werden. In diesen Tüten ist ein Getränk, etwas Obst, und zwei belegte Brötchen. Die werden dann an Obdachlose und Bedürftige verteilt. 

Und diese Brötchentüre hier in Toledo war Schauplatz einer ähnlichen Tätigkeit. Die Geistlichen haben an dieser Tür Bedürftige empfangen und haben auch Ihnen etwas zu essen gegeben.




Leider darf man hier nicht auf den Glockenturm steigen. Schade, das hätte ich gerne gemacht. Aber ich weiß, dass es hier eine große Glocke gibt, die allein 10 m im Umfang ist. Sie wiegt 17.700 kg und der Guss alleine hat zwei Jahre gedauert. Als man die Glocke fertig hatte war nicht klar, wie man sie auf den Turm hieven konnte. Ein Bootsmann wusste Rat: mit zusammen 200 Matrosen hat er die Glocke mit Seilen auf den Turm hochgehoben. 5 Stunden hat die Aktion gedauert. Respekt!








Ich bin dann erst mal wieder zurück zur Herberge gegangen, weil es an der Zeit war, auszuchecken. Ich gab meinen Rucksack zur Aufbewahrung ab und stieg wieder auf dem Berg, um zum Alcazar zu gelangen.

Zuerst habe ich das Gebäude nicht gefunden, ich bin nur sehr lange an sehr sehr hohen Mauern entlang gegangen ohne einen Eingang zu entdecken; als ich danach fragte, bekam ich die Auskunft dass das Museum (das ich vorher auch gesehen hatte) der Eingang sei. 

Zu meiner Ehrenrettung: da stand nichts von Alkazar dran! 

Also betrat sich das Museum und zu meiner positiven Überraschung müssen Menschen über 65 Jahre keinen Eintritt bezahlen. Chapeau: Glück gehabt. 

Das Museum im Eingangsbereich ist ein hoch moderner Raum, sehr viereckig, sehr schlicht. Aber man hat in dem Gebäude die alten Mauern des Alcazars integriert. Das sieht erst mal toll aus und wie es sich für ein modernes Gebäude gehört, führen auch Rolltreppen in den ersten und zweiten Stock. Danke!Aber dann stellt sich (für mich zumindest) die Enttäuschung ein: Es war ein Museum, und es war nicht das, was ich erwartet hatte. Ich wollte durch die alten Räumlichkeiten des Alcazar gehen und mich in die alte Zeit zurückversetzen lassen










Von dem alten Gebäude sah man nicht viel; was man sah, waren moderne Ausstellungsräume mit Stellwänden und keine Baukunst aus dem 14. Jahrhundert. 

Aber egal, dann schaue ich mir halt ein Museum an. Das Museum stellt viel von der spanischen Geschichte dar, und die war überwiegend kriegerisch. Dann darf es einen auch nicht wundern, dass relativ viele Schwerter, Speere, Gewehre, Pistolen, Kanonen und Uniformen gezeigt werden. Der nächsten Sektion war dann wieder gefüllt mit  Schwertern, Speere, Gewehre, Pistolen, Kanonen und Uniformen. 

Nachdem ich durch mehrere Räume und Etagen mit Schwertern, Speere, Gewehre, Pistolen, Kanonen und Uniformen gelaufen bin, hatte ich irgendwann mal keine Lust mehr.








Ich bin zwischendurch auch in dem Büro von Moscardo gewesen. Es sieht fast so aus, als habe der Kommandant das Büro gerade erst verlassen. Die Einschüsse der Gewehrkugeln sind in den Wänden auch noch gut zu sehen. Der Kommandant hatte den Alkazar im Bürgerkrieg 1936 verteidigt. Die Gegner hatten seinen Sohn gefangen und ihn damit erpressen, den zu töten, wenn er sich weigerte, die Festung aufzugeben. Er aber tat genau das und wurde somit zum Nationalhelden. 


Am Schluss habe ich nicht alles in dem Museum gesehen, sondern bin auch wegen der Zeit, langsam rausgegangen. Ich bin dann noch zu McDonald’s und habe mir da einen Kaffee gekauft und dann habe ich in einem Laden in der Nähe ein ganz herrliches Sandwich mit Schinken erstanden. 

Wunderbar! 

Daraufhin bin ich dann langsam zur Herberge gegangen, habe da meinen Rucksack abgeholt und bin dann (zum Glück bergab) die  Strecke zum Bahnhof gelaufen. Der Bahnhof innen ist wunderbar. Es ist der schönste Bahnhof auf der Reise bis jetzt. Absolutes Highlight sind die alten Schalter, die zwar nicht mehr in Betrieb, aber die wunderbar restauriert zu bewundern sind.










Zum 1. Mal war der Zug fast ausgebucht. Ich hatte sogar einen Sitznachbarn. Lag aber wahrscheinlich an der einsetzenden Rush-hour!

Aber etwas Stress blieb noch für mich übrig. Der Zug war gekommen, ok! Also kein Streik. Aber er fuhr mit ziemlicher Verspätung ab nach Madrid! Also musste ich da wieder rennen! 

Trotzdem war ich rechtzeitig sm völlig überfüllten Bahnsteig. Viele Menschen warteten hier auf den Zug.

Und der kam nicht. Langsam kamen mir Zweifel auf. Wird er kommen? Oder streiken die auf dieser Linie? Was dann?

Aber dann, mit fast 20 Minuten Verspätung, kam er. Beim Einsteigen gab es ziemliches Chaos, weil außen die Wagonnummern-Anzeige nicht funktionierte. Aber irgendwie habe ich meinen Platz gefunden. Auf nach Cuenca!

Kommentare

  1. Don Quijote war der Cartoon, den ich als Kind gesehen habe.Die historischen Geschichten jeder Stadt sind interessant.

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  2. Danke Hanyi! Ich freue mich immer über deine Kommentare. Ich habe als Kind auch das Buch gelesen und mich amüsiert über diesen Ritter….😁

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