Mittwoch, 29.September 2021 Valladolid - Segovia
In Valladolid bin ich auf 700m Höhe in der Hochebene Tierra de Campos. Ich bin jetzt knappe 200 km von der Hauptstadt entfernt. Im 17. Jahrhundert war Valladolid die Hauptstadt des Landes, davor war es die Hauptstadt von Kastilien. Mit Daggi war ich vor 4 Jahren schon mal in Valladolid, allerdings war das die gleichnamige Stadt, die in Mexico liegt. Die Stadt wurde auch berühmt durch die ‚Dispute von Valladolid‘, bei denen über die Versklavung der der Inka und Maya diskutiert wurde. Und schließlich ist hier auch Kolumbus gestorben. Interessant ist auch, dass Wellington@Neuseeland genau auf der anderen Seite der Weltkugel in 20.000km Entfernung liegt. Valladolid hat auch eine große Universität und die Atmosphäre wurde durch die vielen ausländischen Studenten sehr belebt.
Und jetzt bin ich hier!
Die Ankunft in Valladolid war nicht so einfach. Ich habe vom Bahnhof aus den Bus genommen, weil die Strecke doch etwas weit war. Aber dann fand ich die Herberge nicht. Erst als ich speziell nach der Hausnummer suchte, fand ich heraus, dass der Name draußen ein anderer war. Zum Glück kam jemand und machte die Tür auf und ich ging in ein ganz gewöhnliches Wohnhaus.
Im ersten Stock stand irgendwas von Rezeption, aber mit einem anderen Namen. Ich habe trotzdem geschellt, dann hat mir aber die freundliche Spanierin schnell erklärt, dass ich falsch war. Ich sollte in den sechsten Stock gehen.
Na gut, Training für die Beine. Im sechsten Stock empfing mich hinter einer normalen Wohnungstür eine mittelalte, blonde, etwas zerzauste Dame. Sie führte mich dann an einen Desk, der tatsächlich wie eine Rezeption aussah. Dann fühlte sie Papiere aus, und desinfizierte den Kuli, und ich musst du unterschreiben.
Dann nahm sie einen Schlüssel und warf ihn in ein Glas mit einer Flüssigkeit. Es dauerte eine Weile, bis sie ihn wieder raus holte. In der Zwischenzeit desinfizieren Sie auch meinen Personalausweis und dann gingen wir in den siebten Stock.
Dort war mein durchaus gruseliges Zimmer. Es roch etwas muffig und die Möbel waren von 1930, ohne aber irgendwie schön zu sein. Krönung war dann ein 46-stelliges Passwort für das WLAN. Dann musste aber selbst ich lachen! Das Wi-Fi hier ist sehr schlecht, ich hoffe, dass ich heute meinen Blog posten kann.
Valladolid präsentiert sich mir als moderne Stadt. Die Häuser an den Straßen sind alle irgendwie aus den Vierzigern Fünfzigern oder sogar neuer. Nur die Straßen selber sind relativ schmal und ganz offensichtlich dem heutigen Autoverkehr nicht gewachsen. Der Busfahrer hatte auch ganz schön zu tun, durch die engen Straßen zu fahren. Es ist eine moderne Stadt, aber mit ein paar alten Gebäuden, im wesentlichen sind das sakrale Gebäude. Ich war gestern schon an der Plaza Major, und heute habe ich beschlossen weitere Teile zu erkunden. Diese Plazas sind natürlich auch alle relativ alt.
Gestern Abend bin ich um kurz nach neun losgezogen, um mir was zu essen zu besorgen. Und wie immer hier in Spanien, war es nicht so einfach. Das gleiche Bild wie in allen anderen Städten hier in Spanien niemand ist auf der Straße. Es gab ein paar Bars, aber die waren ohne Restauration d.h. da gab es nur Wein oder Bier; die waren einigermaßen voll. Aber überall da, wo es was zu essen gab: gähnende Leere. Auf der anderen Seite ist es als Alleinreisende immer ein bisschen schwierig, weil speziell ich keine Lust habe, mich alleine in ein Restaurant zu setzen. Da kommt mir die Streetfood in Asien zum Beispiel sehr entgegen.
Aber ich werde es Zweifelsohne überleben. Ich habe dann in dem Viertel, wo ich wohne, (circa 1 km vom Zentrum entfernt) doch noch eine Fußball-Kneipe gefunden, die auch etwas zu essen hatten. Toll war das nicht, aber ich war satt. Dann bin ich in mein gruseliges Heim zurückgegangen und habe geschlafen.
Heute früh bin ich dann zur Plaza San Pablo gegangen. Der Platz wird von der riesigen, gleichnamigen Kirche dominiert. Sie hat ein richtiges Potal, mit reichhaltigen Schnitzereien im Sandstein. Auch das Seitenpotal ist überragend. Leider ist es noch geschlossen, zudem ist es auch noch sehr kalt, also beschließe ich, ein zweites Frühstück einzunehmen. Das erste hatte ich direkt bei mir an der Ecke in einer kleinen Kneipe. Es gab einen leckeren Kaffee (der ist hier wirklich immer sehr gut) und ein Toast mit Tomatenpüree. Nun kehrte ich in einer kleinen Bodega ein und es gab ein desajuno iberico, also mit Schinken! Lecker!
Auf der Plaza gibt es noch eine alte Zeder, die einen sehr seltsam gewachsenen Lust hat. Laut Inschrift ist sie immerhin von 1880.
Gegenüber der Kirche ist auch der Palacio Real. Auch ein sehr ehrfurchteinflößendes Gebäude, dass ich mir gerne angesehen hätte. Aber es beherbergt die Militäradministration und ein schwer bewaffneter Soldat hat mir klargemacht, dass das nicht öffentlich sei.
Später bin ich dann zur Plaza Major rüber gelaufen (das ist hier alles nicht so weit entfernt) und dort dominiert sehr schöne Casa Consistorial, ein Verwaltungsgebäude. Von außen ist es sehr repräsentativ, nach innen kommt man leider nicht. Ich bin aber trotzdem neugierig die Stufen hoch gegangen und ein Polizist sprach mich an. Ich machte ihm klar dass ich nicht spanisch spreche und er machte ein Zeichen: komm mit und dann gingen wir zusammen in das Treppenhaus und es zeigte auf eine Stelle und sagte bis hier hin! Und dort konnte ich dann dieses wunderschöne Treppenhaus bewundern und ein paar Fotos machen. Nette Leute! Ansonsten ist die Plaza Major nicht so toll. Es ist ein großer Platz, die Häuser rundherum sind alle im gleichen Stil gehalten, und wie gesagt dieses große Verwaltungsgebäude dominiert den Raum.
Die Kathedrale von Valladolid steht im Zentrum umringt von vielen Wohn – und Geschäftshäusern. Innen drin ist es ein sehr schlichtes Gotteshaus. Man sieht die nackten Wände mit wenig Verzierungen. Auch hier sind wieder drei Schiffe, das Mittlere ist mit einem sehr düsteren Altar versehen. An den Seiten sind einige wenige Kapellen, ansonsten strahlt das Haus nach meinem Empfinden eher Kühle und Dunkelheit aus.
Ähnlich in ihrer Schlichtheit ist die San Benito de Real. Auch alles grau, wenn auch nicht ganz so düster. Ein großes Gitter das das Hauptschiff teilt. Nur vier kleine Kapellen am Rand und ein paar Beichtstuhl. Alt, aber wenig beeindruckend
Neben der Kirche war noch eine moderne Markthalle. Das ist ein sehr schöner Ort wo man sehr viel frische Ware kaufen kann, Gemüse, Fisch oder Fleisch. Alles ist appetitlich angerichtet, und nichts erinnert an die alten, stinkenden Markthallen, die ich vor 30/40 Jahren hier in Spanien gesehen habe. Ein Fest für Auge und Nase!
Etwas prächtiger ist aber dann doch die Kirche Penitential de la Vera Cruz. Mit riesigen Figuren wurden an den Seiten Geschichten aus der Bibel dargestellt.
Gegen zwölf musste ich kurz ins Hotel und auschecken. Dann bin ich wieder in die Stadt gegangen und habe mir in einer kleinen Bar einen total leckeren Miguelito gekauft. Das ist ein kleines sehr frisches Stück vom Baguette, belegt mit einem leckeren Fleischsalat und dadrauf iberischen Schinken. Eine Geschmacksexplosion!
Dann war es Zeit zur Kathedrale zu gehen weil ich dort eine Führung in den Turm gebucht hatte. Ich traf Isabel, eine hübsche kleine Fremdenführer. Zuerst sind wir mit dem Aufzug hoch gefahren bis zu den Glocken. Von da aus ging es dann weiter auf die Spitze des Turmes, über der dann nur noch eine 12 m hohe Christus-Statue thronte. Von hier aus hatte man natürlich einen fantastischen Blick über die Stadt, vor allen Dingen bei dem heute schönen Wetter. Isabel erklärte mir die ganzen Gebäude die wir sehen konnten und mein Bild von Valladolid ist: eine moderne Stadt aber mit vielen alten Gebäuden. Dann fragte ich sie ob es neben dem Aufzug auch eine Treppe gäbe. Und ja, es gab eine, und sie war bereit, mit mir da runter zu steigen. Es ist duechaus von Vorteil, wenn man der einzige Gast ist.
Es war eine sehr enge und anfangs total dunkle Wendeltreppe aus Holz, die wir dann hinunter stiegen. Den ersten Stopp machten wir noch mal bei den Glocken, wo sie mir kurz den elektrischen Mechanismus erklärte, der heute benutzt wird. Dann sind wir tiefer gegangen zu der Uhr. Ein fantastisches Uhrwerk, das nach wie vor mechanisch durch Gewichte angetrieben wird, nur dass die Gewichte heute mit Elektromotoren hochgezogen werden wenn Sensoren unten das signalisieren. Interessant auch das sehr aufwändige Getriebe, mit dem die insgesamt 4 Uhren außen am Turm simultan angetrieben werden. Dann zeigte sie mir noch einen großen Holzkasten, dessen Namen ich leider vergessen habe. Er ist auf einer Welle aufgehängt und kann gedreht werden. Außen dran sind viele kleine Löffel, die dann dabei auf Metallplatten schlagen. Der Krach ist unüberhörbar! Damit hat man seinerzeit die Leute zum Gebet gerufen. Die Katholiken hatten hier kein einfaches Leben!
Dann ging es schnell: ich bin zum Hotel zurück geschlendert, habe da mein Gepäck abgeholt in Klammern noch mal sechs Etagen hoch) und dann bin ich zur Bushaltestelle gegangen. Der Bus brachte mich dann zuverlässig zum Bahnhof und der Zug war auch pünktlich.
Spanischer Schinken sieht köstlich aus.Du hast das Glück, so schöne Hallen und Korridore zu sehen.
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